SCHLEPPTENDERLOKOMOTIVE Ty 2 (POLEN) - BR 52 (DEUTSCHLAND) - 26 (BELGIEN) - 150 Y (FRANKREICH)

(Foto: Ty 2 auf der Oberschlesischen Sandbahn - ein "Mädchen für alles"...)

Die Schlepptenderlokomotiven der deutschen Baureihe (BR) 52 sind die Lokomotiven mit der längsten Lebensdauer in Europa geworden - eine paradoxe Tatsache, wenn man bedenkt, dass sie aus dem Bedürfnis nach einer massenhaft verfügbaren einfachen Lokomotive für den 2. Weltkrieg entstanden. Als "Kriegslok" sollte die BR 52 dazu beitragen, dem Deutschen Reich zum Sieg zu verhelfen. Der ausserordentlich einfache und robuste Bau trug dann aber dazu bei, dass diese Lokomotive vor allem in Osteuropa bis in die neunziger Jahre den Dampfalltag der Staatsbahnen bestimmte - nicht mehr unter deutscher Herrschaft, unter anderem Namen und mit landesspezifischen technischen Abänderungen.

Die BR 52 entstand aus einer vereinfachten Version der für die Deutsche Reichsbahn-Gesellschaft (DRG) ab 1939 gebauten Güterlokomotive BR 50. Sie hatte eine Länge über Puffer von 22.975 mm und eine maximale Höhe von 4.400 mm sowie einen 4-achsigen Tender (zumeist Wannentender). Die Lokomotive hatte einen schwächeren Achsdruck, was sie für Nebenbahnen einsatzfähig machte. Im Vergleich zur aus 6000 Einzelteilen gebauten BR 50 verzichtete die BR 52 auf 1000 von ihnen, und etwa 3000 wurden vereinfacht. Besonders drastisch war der Rückgang des Verbrauchs von Buntmetall: von 2838 kg auf 150 kg!

Lokomotiven der BR 52 wurden bedeutend besser gegen Frost geschützt, indem im Wassertender eine Heizeinrichtung angebracht wurde, die Luftpumpe isoliert wurde, Schmierleitungen unter der Kesselverkleidung verlegt wurden. Das war wesentlich, da die Lokomotive in den Weiten der besetzten Sowjetunion arbeiten sollte. Diesem Ziel diente vor allem die Entwicklung sogenannter Kondensations-Lokomotiven der BR 52. Sie zeichneten sich durch einen geschlossenen wasserkreislauf aus, wodurch sich der Aktionsradius um das 7-fache auf bis zu 1200 km ohne Wasserzuführung vergrösserte. Insgesamt wurden für die DRG 6151 dieser Lokomotiven gebaut. Ausser den 9 deutschen Fabriken wurde die BR 52 in mehreren Fabriken der besetzten und "angeschlossenen" Länder gebaut (u.a. Wiener Lokomotiv-Fabrik, Deutsche-Waffen- und Munitionsfabrik Posen/Poznan, Krenau/Chrzanów, Skoda). Darüber hinaus wurden an die mit dem III. Reich verbündeten Staaten (Türkei, Serbien, Kroatien, Rumänien) etwa 200 Exemplare geliefert. Nach Kriegsende wurden in deutschen und polnischen Fabriken noch weitere Lokomotiven der Serie fertiggestellt (in Polen als Ty 42 bezeichnet).

Bereits während des 2. Weltkrieges setzte die Deutsche Reichsbahn in den okkupierten Ländern West- und Osteuropas Lokomotiven der Baureihe 52 ein. Während oder nach dem 2. Weltkrieg erhielten diese Maschinen unterschiedliche Bezeichnungen. In Belgien hiess sie "Type 26".

Dieses Foto von Jean-Pierre Tramasures zeigt die durch INTERLOK hauptrevidierte und an den belgischen Verein PFT/TSP ausgelieferte 26.101 (Ex Ty 2-3554) in originaler belgischer Farbgebung und Beschriftung bei einer Fahrt am 6.8.1995 in der Nähe von Montzen. Unten: Kesseldruckprobe und Endmontage der Lok entsprechend belgischen Eisenbahnnormen durch INTERLOK im AW Olesnica. (Fotos: Hermann Schmidtendorf)

Diese Tabelle zeigt die Verbreitung der BR 52 bei den europäischen Bahnen. (Angaben nach Pawel Terczynski)

Bahnverwaltung Bezeichnung
DR, DB 52
DR 52.80 (nach Rekonstruierung)
PKP Ty 2; Ty 42
ÖBB 52; 152
JZ 33
CSD 555.1
  555.3 (für schweres Heizöl)
MAV 520
NSB --(alte DRG-Nummern)
SZD TE --(alte DRG-Nummern)
TCDD 56.5
CFR 150.10
SNCF 150Y
SNCB 26
BDZ 15
FS 52
CFL 56

Mit Kriegsende verblieben viele der BR 52-Lokomotiven im Rahmen von Kriegsentschädigung in den Einsatzländern, viele von ihnen wurden auch durch die Sowjetunion als "Beuteloks" abtransportiert ( auf russisch: Trofjejny parowoz, Trophäen-Dampflok, abgekürzt TE , wobei das E für 5-gekuppelt steht). Polen erhielt 1200 der BR 52-Loks, von denen 1179 zum Jahreswechsel 1946/47 als Ty 2 gekennzeichnet wurden, unter ihnen auch 13 Kondenslokomotiven (die Firma Henschel hatte 178 Maschinen für Kondensierung des Abdampfes umgerüstet). Der volkstümliche Name der Ty 2 wurde "Dwujka" - "Die Zwei" - oder "Te-Igrek" (polnische Aussprache von T y). Durch Aufbau fahruntüchtiger Maschinen und Ankauf von 200 Maschinen aus der Sowjetunion vor allem für die Oberschlesische Industrie (Sandbahn PMPPW) wuchs der Bestand noch. Diese Lokomotiven waren größtenteils normalspurig geblieben. Sofern sie auf russische Breitspur umgespurt worden waren, hatte man nur auf die Radsätze neue Radreifen aufgezogen,(bei denen der Spurkranz von innen nach aussen gelegt war), so dass eine Umstellung auf die ursprüngliche Spurweite nicht schwierig war. Die deutschen und russischen Ordnungsnummern der zurückgekauften Lokomotiven blieben erhalten, nur wurde "TE" durch "Ty 2" ersetzt.

ANZAHL DER DAMPFLOKOMOTIVEN BEI DER STAATSBAHN PKP UND DER SANDBAHN

Jahr Ty 2-PKP Ty 42-PKP Ty 2-PMPPW
1950 1185 144 -
1960 1192 144 -
1970 1368 143 29
1980 1139 130 25
1990 292 74 -

Zwei russische TE-Lokomotiven wurden mit Hilfe des Reparaturwerks Olesnica in den 90er Jahren im Originalzustand nach Deutschland überführt. Fotos(2): Die TE 3264 Ex BR 52-3246 auf dem AW-Gelände in Olesnica, darunter eine "Reko"-52er: BR 52 8056-5 (52 6778) der Deutschen Reichsbahn vor dem Hauptbahnhof in Bautzen.

Mit Hilfe von Interlok wurden mehrere Ty 2-Dampflokomotiven von der Sandbahn PMPPW hauptrevidiert an Eisenbahnfreunde in Frankreich, Deutschland, Belgien und Grossbritannien ausgeführt. Weitere können angeboten und so vor der Verschrottung bewahrt werden.

Zu den Rekorden beim Einsatz von Ty 2-Lokomotiven gehört die 2527 Tonnen-Zugleistung von Ty 2-963 (Personal des BW Tarnów) auf der Strecke Prokocim-Tarnów mit Unterschreitung der planmäßigen Fahrtzeit um 14 Minuten. Noch in den 70er Jahren betrug der Tageseinsatz einer Ty 2-Maschine durchschnittlich bis 400 km. Stärkere Maschinen mussten ausgemustert werden, die Elektrifizierung kam nicht voran, Diesellokomotiven waren reparaturanfällig - die Ty 2 war das Rückgrat des polnischen Transport- und Personenverkehrs. Noch 1989 fuhr jeden Tag die Ty 42 aus Olsztyn den Touristen-Eilzug "Pegoria" in die Masuren Richtung Elk.

In Polen wurden an der BR 52 bei fälligen Revisionen zahlreiche Modernisierungen vorgenommen, um Mängel der vereinfachten Bauweise auszugleichen. Die Gestelle des Stehkessels wurden rekonstruiert, Zirkulationsrohre und Schüttelroste wurden eingesetzt, Injektoren für Abströmdampf, Achslagerstellkeile, Trofimoff-Schieber u.a. In den Jahren 1964 /65 wurden etwa 70 Maschinen für das Verbrennen von schwerem Heizöl umgerüstet, was die Ergiebigkeit des Kessels deutlich vergrößerte und eine Bedienungsvereinfachung mit sich brachte. An zwei Ty 2 - Lokomotiven (953 und 1285) führte Mitarbeiter des ZNTK Pila (heute Interlok) die KOHLEVERGASUNG ein.

In der DDR baute die Deutsche Reichsbahn ab 1960 einen verbesserten ("Reko") Kessel ein (Serienbezeichnung 52.80) und führte Mischvorwärmer ein, beliess aber viele Einzelheiten der originalen Konstruktion. Verbesserungen und Modernisierungen führte auch die westdeutsche Bahnverwaltung der DB durch. Die Unterschiede zwischen einer Original BR 52 (Kondens) und einer Ty 2 verdeutlicht eine Zeichnung des Modellbauers Jan Jarzina. Deutlich wird u.a. , dass die Ty 2 die Stromturbine vom Kessel entfernt und auf den Kesselumlauf gelegt hat.

Ty 2 - Kraft (PS) 1070 Dienstgewicht 85,0 t
Zylinderdurchmesser (mm) 600 Druck der Antriebsachsen 15,2 t
Kolbenhub (mm) 660 Zugkraft (kN) 160
Durchm. d. Treibräder (mm) 1400 max. Geschwindigkeit (km/h) 80
Durchm. d. Kuppelräder 850 TENDER DER SERIE 3030D43  
Kesselüberdruck (Bar) 16 Fassungsvermögen Wasser (m³) 30
Rostoberfläche (m²) 3,9 Leergewicht (t) 20,8
Leergewicht (t) 76,5 Dienstgewicht (t) 60,8

Das Bremssystem der BR 42 und 52 demonstriert diese Zeichnung.

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